Wappenkunde Niedersachsen

Die Gestaltung eines Familienwappens

Siehe hierzu auch: Wappenrolle

Ein vollständiges Wappen („Vollwappen“) besteht im wesentlichen aus dem Schild, dem Helm, der Helmzier und der Helmdecke. Bei Neustiftungen / Neuannahmen werden grundsätzlich nur Vollwappen in den Wappenrollen registriert.

Zubehör sind Wappensprüche, Würde- und Rangabzeichen, Schildhalterfiguren und Orden. Bei neugeschaffenen Wappen sollte kein Zubehör verwendet werden.


(Foto: Sandra Müller-Bruns, 2009)

Bürgerliche Wappen zeigen in der Regel den älteren Stechhelm, adlige Wappen dagegen häufig den Bügelhelm.

Die Heraldik kennt nur bestimmte Farben (Rot, Blau, Schwarz, Grün und - seltener - das Purpur) und Metalle (Gold/Gelb und Silber/Weiß). Daneben wird Pelzwerk (Hermelin, Feh und Kürsch) dargestellt. Dieses Pelzwerk kann mit Metallen und Farben auch kombiniert werden. Die später den heraldischen Tinkturen zugeordnete – unheraldische - Farbe Braun sollte bei neuen Familienwappen tunlichst vermieden werden. Wahrscheinlich ist die braune Tinktur aus einem später stark nachgedunkelten Rot, das im Laufe der Zeit missverstanden wurde, entstanden.

Eine Regel, welche ursprünglich mit der Fernwirkung zu tun hatte, ist, dass niemals Metall an bzw. auf Metall, noch Farbe an bzw. auf Farbe gesetzt werden darf. Metall und Farbe sollen sich abwechseln. Grundsätzlich wird angeraten, bei der Neustiftung eines Wappens möglichst nur eine Farbe und ein Metall zu verwenden. Es gilt (wie bei der Auswahl der Schildfiguren) der Grundsatz: Weniger ist mehr.

Der Wappenschild bildet mit dem Schildinhalt den wichtigsten Teil eines Wappens. Er ist unumgänglich notwendig und kann allein ein vollständiges Wappen darstellen (vgl. Walter Leonhard). So kann er auch bei einem Familienwappen durchaus ohne Helm und Helmzier allein dargestellt werden. Ursprünglich bestand das Wappen nur aus dem Schild. Schon der Schild allein, mit Farben und Figur, ergibt ein Wappen. Ein Symbol ohne Schildumrandung ist kein Wappen.

Der Inhalt eines Schildes wird in Heroldsbilder, das sind die verschiedenen Schildeinteilungen, und gemeine Figuren, in der Regel stilisierte Tiere, Pflanzen und Fabelwesen, eingeteilt. Buchstaben und Zahlen sind unheraldisch und sollten auch bei Neustiftungen vermieden werden.

Erst im ausgehenden Mittelalter kamen Helm, Helmzier und Helmdecke hinzu. Zuerst der Topfhelm, dann der Kübelhelm, später der Stechhelm und der Bügelhelm. Als Helmzier wurden Flügel, Hörner, steigende Pferde, Vögel, Geweihe usw. aufgesetzt. Die Stellung der Helmzier richtet sich dabei immer nach der Blickrichtung des Helms. Bei Wappen adeliger Familien wurden statt Helm und Helmzier auch Rangkronen auf den Schild aufgesetzt, was bei bürgerlichen Wappen nicht üblich war und ist.

Die Helmdecke war ursprünglich ein Bestandteil des Helms. Sie wurde später zur ornamentalen Ausschmückung des Wappen benutzt und im Stil dem jeweiligen Zeitgeschmack angepasst. Die Helmdecke ist ein über den Helm gebreitetes, an beiden Seiten herabhängendes, vielfach in kleine schnörkelige Streifen geschnittenes Tuch in den Wappenfarben.

Es wurde zur allgemeinen Regel, dass die Außenseite der Helmdecke eine andere Farbe erhielt als die der Innenseite. Hierbei ist ebenfalls das oben genannte (heraldische) Farbgesetz von Farbe und Metall zu befolgen. Die Metalle (Gold und Silber) erscheinen meist als Futter (=auf der Innenseite). Allgemein bestimmen die Hauptfarbe und das Hauptmetall des Wappens die Helmdecke. Geht das Helmkleinod allerdings ohne Helmwulst direkt in die Helmdecke über, so bestimmt dieses immer deren Farbe.

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Der Wappenschild ist der wichtigste Teil eines Wappens

Bei der Suche nach einem eigenen Familienwappen und bei der Überprüfung von Wappen durch die Wappenrollen ist besonders auf den Wappenschild zu achten.

Der Schild ist von so großer Bedeutung, dass er auch ohne Helm und Helmzier allein mit seinem Inhalt stehen kann. Er kann allein ein vollständiges Wappen darstellen. Ursprünglich bestand das Wappen nur aus dem Schild. Dies gilt auch für Familienwappen. Viele Bürger und Bauern im deutschsprachigen Raum führten nachweislich nur den Wappenschild. Gleichwohl bestehen die anerkannten Wappenrollen in Deutschland heute grundsätzlich auf die Eintragung von Vollwappen.

In Europa haben sich in den vergangenen Jahrhunderten hierzu eigene, jeweils von der politischen Grundeinstellung oder Verfassung des Landes beeinflusste Gebräuche herausgebildet. So war die Wahl eines Helmes für das eigene Wappen für den Schweizer Bürger hauptsächlich eine ästhetische Frage, während dem bürgerlichen Wappen unter der französischen Monarchie überhaupt kein Helm zugestanden wurde (vgl. Carl Alexander von Volborth).

Exkurs: Ob heute bei Familien das Vollwappen oder nur der Wappenschild in der Praxis Verwendung findet, liegt allein in der Entscheidung der einzelnen Führungsberechtigten. Hierfür gibt es im deutschsprachigen Raum keine verbindlichen Regeln. Heraldiker selber verwenden für sich auch schon mal nur den Wappenschild (siehe beispielsweise das Biographisches Lexikon der Heraldiker, Verein "Herold", Darstellung der Familienwappen der Heraldiker, J. Siebmachers Großes Wappenbuch, Band H sowie die Mitgliederwappen im Wappenbuch der Schweizerischen Heraldischen Gesellschaft und die Reihe „In memoriam“ im KLEEBLATT, Zeitschrift für Heraldik und verwandte Wissenschaften., Hannover.

 

Der Stechhelm im bürgerlichen Familienwappen

An dieser Stelle soll hinsichtlich der Verwendung eines Helms in einem neuen bürgerlichen Familienwappen vorrangig auf den Stechhelm eingegangen werden.

Der Stechhelm, ursprünglich wirklich im Kampf getragen, ist die Helmform, die am häufigsten mit dem Rittertum und Rüstungen in Verbindung gebracht wird.

Bereits seit Mitte des 14. Jahrhunderts wurde der Stechhelm für Adels- und auch Bürgerwappen verwendet. Später, seit der Mitte des 15. Jahrhunderts kam zusätzlich der sogenannte Bügelhelm (nicht zu verwechseln mit dem vorheraldischen Spangenhelm) auf. In der Heraldik der deutschsprachigen Länder und Skandinaviens wurde der ältere und elegante Stechhelm (siehe Wappen der Familie Wolter) traditionell den Bürgerwappen zugestanden. Der Stechhelm ist bei den wichtigen Patrizierfamilien der Stadt Nürnberg zu finden. Auch manche Adelsgeschlechter zogen es vor, weiterhin den Stechhelm im Wappen zu verwenden, weil dieser älter, also im konservativen Sinne wertvoller ist.

Der Bügelhelm (Abb. rechts, siehe auch das Wappen der Freiherren von Münchhausen oder die Wappen des Adelsgeschlechts von Kleist) wurde bei Kolbenturnieren verwendet, bei denen die Ritter sich mit Hilfe eines Kolbens die Helmzier abzuschlagen trachteten. Der Bügelhelm mit Helmkrone und einem Halskleinod als Zeichen einer Turniergesellschaft wurde in den ausgestellten Wappen- und Adelsbriefen dem Adel und Personen zugewiesen, welche als dem Adel gleichgestellt angesehen wurden. Bürger waren nicht turnierfähig.

Exkurs: Gelegentlich wird die Verwendung des Bügelhelms in einem neu gestifteten Familienwappen angestrebt. Dabei wird argumentiert, dass durch die Umwälzungen in Deutschland nach dem 1. Weltkrieg die Reste der bis dahin noch bestehenden Vorrechte des Adels abgeschafft worden seien. Bei solchen Forderungen nach den Attributen des vormaligen Adels (Rangkronen, Bügelhelm etc.) im eigenen neuen Familienwappen wird dann fast immer der Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 GG) bemüht.

Daher fragt der Heraldiker Dr. Bernhard Peter (Kleeblatt/KMdH), wenn alles so egal sei, warum dann gerade der Bügelhelm angestrebt werde. Es könne genau entgegen auch überspitzt argumentiert werden, dass gerade der elegante und ältere Stechhelm idealer Ausdruck des Bekenntnisses zur Demokratie sei. Bei der Diskussion könne der Eindruck gewonnen werden, dass die Wappenstifter, die am vehementesten mit dem Wegfall der Standesschranken für einen Bügelhelm argumentieren, insgeheim doch eine große Sehnsucht nach Attributen genau der Gesellschaftsschichten besitzen, deren Abgrenzung sie wegdiskutieren wollen.

Bedeutung in der Heraldik hat grundsätzlich immer die Frage der Glaubwürdigkeit. Heraldiker raten daher, neue Familienwappen mit dem eleganten Stechhelm als geschlossenen Helm ohne bewegliche Teile und ohne Halskleinod in die Wappenrolle eintragen zu lassen. Die Verwendung von Kronen sowie eine Verwendung von Schildhaltern oder mehreren Helmen ist abzulehnen. In der 2009 von Heraldikern verschiedener Vereine in einer "Berliner Erklärung" zusammengestellten Liste von altbekannten heraldischen Gestaltungsgrundsätzen wird daher ausgeführt: "Der (ältere) Stechhelm ist der typische bürgerliche Wappenhelm, der (jüngere) Bügelhelm kommt im Allgemeinen dem Adel zu; mit der Begründung einer heute überholten Unterscheidung wird der Bügelhelm vielfach prätentiös dazu verwendet, adelige Abkunft vorzuspiegeln."

Wie beim Heraldikertreffen am 10. September 2017 in Hannover erneut klar zum Ausdruck gebracht wurde, fühlt sich die Niedersächsische Wappenrolle (NWR) der „Berliner Erklärung“ verpflichtet. Diese sieht für die Eintragung und Publikation neuer bürgerlicher Familienwappen den Stechhelm vor. Daher wird für eine Aufnahme in der NWR der im Allgemeinen übliche spätgotische Stil für ein Wappen mit dem Halbrundschild und dem Stechhelm gefordert. Der ursprünglich nur für den ehemals turnierberechtigten Adel vorgesehene Bügelhelm wird bei Registrierungen und -Veröffentlichungen bürgerlicher Wappen jedoch akzeptiert, wenn ein hinreichender Nachweis vorliegt, dass das Wappen in dieser Stilform bereits vor 1806 von der Familie unbeanstandet geführt wurde. Die älteren heraldischen Helmformen Topf- und Kübelhelm kamen nachweisbar nur bei Wappen des Hoch- und des Uradels vor (vgl. Handbuch der Heraldik, 2017).
Dass in der Frühzeit der NWR auch einige Wappendarstellungen mit anderen Helmformen als den Stechhelm bei bürgerlichen Familienwappen zu finden sind, ist ein Ausdruck einer damaligen anderen Eintragungspraxis. In der Anfangszeit hatte die NWR - im Gegensatz zu heute - zudem den Charakter einer Wappensammlung, bei der eher die künstlerische Vielfalt der Wappenstile im Vordergrund stand. Die NWR hat heute vornehmlich die Aufgabe der Registrierung und Dokumentation von gestifteten Wappen, für die neben einer gleichartigen Darstellung von Farbtönen auch eine nicht allzu beliebige künstlerische Darstellung von Wappen im Stil verschiedenster Epochen gefordert wird. Dies ist ein deutlicher Gegensatz zu reinen „Wappensammlungen“, die u. U. genau dieses Ziel (Dokumentation der Wappenführung in verschiedenen Stilrichtungen) verfolgen.

 

Die Darstellung der Helmzier im Vollwappen

Zu einem Vollwappen gehört die Helmzier. Sie ist auch als zusätzliches Unterscheidungsmerkmal von praktischer Bedeutung. Insbesondere gilt dies bei der Wappendifferenzierung innerhalb eines wappenführenden Geschlechtes.

Im Unterschied zu den Schildfiguren wird die Helmzier im Wappen plastisch dargestellt, weil sie nicht flach sondern dreidimensional ist. Die Helmzier wurde früher mit Schrauben, Bolzen oder Schnüren am Helm befestig. Der Wulst überdeckt dies regelmäßig. Im deutschsprachigen Raum sind Helm und Helmzier in der Darstellung untrennbar.

Bei der zeichnerischen Darstellung der Helmzier ist darauf zu achten, dass sich deren Stellung stets nach der des Helms richten muss. Eine Helmzier im Profil auf einem von vorn gezeigten Helm ist eine Abweichung von der - an sich selbstverständlichen - Regel. Daher sind solche Ausnahmen bei der Wappenbeschreibung (Blasonierung) unbedingt gesondert zu melden. Die Blasonierung muss so eindeutig sein, dass der Heraldiker danach ein Wappen zeichnen kann.

Es gibt nur sehr wenige alte Wappen, wo der Helm dem Betrachter zugewendet ist, die Helmzier jedoch z.B. aus einem nach heraldisch rechts wachsenden oder springenden Tier besteht. Bei der Neuschaffung von Familienwappen sollte jedoch sorgsam geprüft werden, ob eine solche Abweichung von der Regel wirklich gewünscht wird. Hier ist der beratende Heraldiker mit seinen Fachkenntnissen und seiner Überzeugungsgabe gefordert.

Wenn der Helm von vorn gezeigt wird, kann die Helmzier in der Regel nicht in Seitenansicht wiedergegeben werden. Nach einer verbreiteten Auffassung kann jedoch bei einem Helm im Halbprofil die Helmzier in vollkommener Seitenansicht dargestellt werden.

 

Bedeutung des Halskleinods

Oft wird verkannt, dass es in der Heraldik Grundsätze sowie in der heraldischen Literatur auch herrschend vertretene Meinungen gibt. Wer als seriöser Heraldiker neue Wege beschreiten möchte, der hat dies kenntlich zu machen und natürlich auch zu begründen.

In Fortführung der in der Fachzeitschrift für Heraldik und verwandte Wissenschaften veröffentlichten Artikelreihe eines Juristen und ehrenamtlichen Heraldikers, die wesentliche Grundlage der Internetseiten des Heraldischen Vereins (www.zum-kleeblatt.de) sowie auch der Homepage des unabhängigen Arbeitskreises ehrenamtlicher Heraldiker in Hannover ist, soll an dieser Stelle auf die Bedeutung des Halskleinods (lat. monile) eingegangen werden. Heraldisches Arbeiten bedeutet immer auch ein wissenschaftliches Arbeiten.

In letzter Zeit scheint es eine Unsitte geworden zu sein, die neuen Familienwappen bürgerlicher Geschlechter mit einem Halskleinod auszustatten. Viele Heraldiker raten bei einem neuen Wappen zur Verwendung des Stechhelms ohne Halskleinod.

Meinungen in der Fachliteratur zum Halskleinod:

Hußmann, Heinrich, Über Deutsche Wappenkunst, 1973:
„Die Münze am Helmhals deutet die Zugehörigkeit zu einer Turniergesellschaft an und gehört nicht an den Helm eines Bürgerwappens, da Bürger nicht turnierfähig waren.“

Schobinger, Viktor, Zürcher Wappenkunde - Das Wichtigste über Familienwappen, Zürich 1993:
„Um den Helmhals werden zuweilen Münzen gehängt; sie deuten an, dass das Geschlecht einer Turniergesellschaft angehörte. Da nur Adlige an Turnieren teilnehmen durften, gehören sie eigentlich nicht an Bürgerwappen.“

Hildebrandt, Adolf-Matthias, Wappenfibel, Berlin 1887, 19. Auflage, bearbeitet von Ludwig Biewer als Handbuch der Heraldik - Wappenfibel, Neustadt a.d. Aisch 1998:
„Zum adeligen Turnierhelm (Bügelhelm) wurde seit dem 15. Jahrhundert vielfach ein Halskleinod, d.h. eine an einer Kette um den Hals des Bügelhelmes hängende Schaumünze, geführt. Dabei handelt es sich wahrscheinlich seinem Ursprung nach um ein Abzeichen der Turniergesellschaften, das von den Turniervögten um den Hals getragen wurde. Das Halskleinod braucht bei der Blasonierung nicht besonders aufgeführt zu werden, seine Darstellung bleibt dem Geschmack des Wappenzeichners überlassen.“

Leonhard, Walter, Das große Buch der Wappenkunst, München 1976 ":
Bügelhelme aus dem 15. Jahrhundert tragen vielfach um das Halsstück an einer Kette oder einem Band eine Medaille oder einen rosettenförmigen Anhänger, das sogenannte Halskleinod. Als ursprüngliches Abzeichen von Turniergesellschaften oder Rittervereinigungen, auch als persönliches Ehrenzeichen, sollte es den adeligen Helmen vorbehalten bleiben oder nur dann erscheinen, wenn ein urkundlicher Nachweis vorliegt. Das Halskleinod ist kein wesentlicher Bestandteil des Helmes, häufig nur ein Schmuckstück, dem Sieger vom Besiegten im Turnier überlassen.“

Oswald, Gert, Lexikon der Heraldik, Mannheim, Wien, Zürich 1984:
„Halskleinod (lat. Monile): ein um den Wappenhelm an einem Band oder einer Kette hängendes Medaillon. Anfangs war das Halskleinod ein Abzeichen oder Wappen einer adligen Turniergesellschaft, das zu tragen nur deren Mitglieder berechtigt waren.“

Buben, Milan, Heraldik, Prag 1986:
„In der Heraldik pflegt der Turnierhelm mit einer Goldmünze an einer goldenen Kette verziert zu sein. Dies wird Monile genannt, hat keine besondere heraldische Bedeutung und wird deshalb auch nicht blasoniert.“