Grundzüge des sogenannten Wappenrechts
Richtlinien zum Wappengebrauch (Wappenführung und -weitergabe)
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Heraldischer Verein "Zum Kleeblatt" |
Die im Bereich der historischen Hilfswissenschaften ehrenamtlich tätigen Juristen haben in den Vereinen "Zum Kleeblatt" (Hannover) und "Herold" (Berlin) immer mahnend darauf hingewiesen, dass es eine rechtliche Seite im bürgerlichen Wappenwesen gibt. Die heraldischen Vereine pflegen einen freundschaftlichen Austausch und sehen sich traditionell als Geschwistervereine.
Die wappenrechtlichen Ausführungen und Schaubilder auf dieser Internetseite wurden in Fachpublikationen veröffentlicht und sind urheberrechtlich geschützt. Ein Zitieren von Textteilen unter ausdrücklicher Angabe des Verfassers, Herrn Dieter Müller-Bruns (Kleeblatt/KMdH), sowie dieser Homepage ist gestattet. Eine darüber hinausgehende Wiedergabe des Textes bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Verfassers. Der Jurist Müller-Bruns ist Mitarbeiter des Arbeitskreises ehrenamtlicher Heraldiker im gemeinnützigen Heraldischen Verein "Zum Kleeblatt" von 1888 zu Hannover e.V., Trägerverein der Niedersächsischen Wappenrolle (NWR).
Lesen Sie zunächst die Zusammenfassungen in den beiden roten Kästen. Danach folgt auf dieser Seite eine ausführliche Darstellung der wappenrechtlichen Grundsätze mit Schaubildern. Die hier benutzte männliche Form von Begriffen wie „Wappenstifter" etc. (generisches Maskulinum) gilt gleichwertig für männliche und weibliche Personen.
Richtlinien zu Wappenführung und Wappenweitergabe
Müller-Bruns, Dieter: Wappenrechtliche Aspekte von Familienwappenrollen - Teile 1 - 5, in: Kleeblatt, Zeitschrift für Heraldik und verwandte Wissenschaften - Hefte 1/2015 - 1/2017; sowie: Müller-Bruns, Dieter: Nachtrag zum Wappenrecht, in: DER HEROLD - Heft 1-2/2015, Seite 194); sowie: Müller-Bruns, Dieter: Überlegungen zu Grundzügen des sog. Wappenrechts, in: HEROLD-Studien Band 9: Wappen heute – Zukunft der Heraldik? Eine Historische Hilfswissenschaft zwischen Kunst und Wissenschaft, S. 33 ff., Berlin 2014, Beitrag zur Tagung am 24. April 2009 im Archiv der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin; sowie Müller-Bruns, Dieter: Ausführungen zum Wappengebrauch, jn: Niedersächsische Wappenrolle Gesamtausgabe Band 2, S. 25 ff. Hannover 2023
1. Ein Familienwappen ist das gemeinsame und generationsübergreifende persönliche Kennzeichen einer durch ihren Namen und ihre Nachkommensgemeinschaft bestimmbaren Familie.
Das Wappen einer Familie darf nur von dieser unverändert geführt werden.
2. Jede rechtsfähige Person ist wappenfähig.
In der Bundesrepublik Deutschland kann jede rechtsfähige Person für sich und die Nachkommen ein Familienwappen frei annehmen, soweit und solange hierdurch keine älteren Rechte anderer Personen verletzt werden. Es bedarf keiner behördlichen oder gerichtlichen Mitwirkung.
3. Das Recht an einem Familienwappen (Berechtigung zur Führung und Weitergabe) ist ein eigenständiges Rechtsinstitut des Privatrechts, das auf Gewohnheitsrecht beruht.
Es ist ein neben dem rechtsähnlichen Namensrecht stehendes (aber nicht im Namensrecht enthaltenes) Gewohnheitsrecht zur Kennzeichnung der eigenen Familie. Als Gewohnheitsrecht lebt es durch die Handhabung der Betroffenen und Verantwortlichen. Es entzieht sich damit nicht einem bedeutenden gesellschaftlichen Wertewandel. Auch dürfen die auf dem Gewohnheitsrecht beruhenden Grundsätze bei ihrer Anwendung nicht gegen kodifiziertes Recht verstoßen.
Früher wurde mit Anwendung des sog. Mannesstammes der Begriff „Familie“ auf die legitimen männlichen Familienmitglieder reduziert, indem nur die ehelichen Söhne die väterliche Wappenführung zusammen mit dem Familiennamen an die eigenen Abkömmlinge weitergeben durften. Den Nachkommen der Wappenstifter, die ihren Familiennamen hingegen über die Mutter erhalten haben, wurde die Führung des Wappens als gemeinsames Kennzeichen ihrer Familie verwehrt. Gleichwohl sind auch diese Kinder direkte Nachkommen des Wappenstifters und tragen auch seinen Familiennamen. Sie sind damit definitiv namensführende Teile seiner Familie. Mit Anwendung des Mannesstammes wurden sie ausgegrenzt. Dies ist weder rechtlich noch gesellschaftlich gerechtfertigt. Der Mannesstamm wird von Juristen und rechtskundigen Heraldikern daher sehr kritisch gesehen und abgelehnt. In der neueren Literatur ab 2014 wird bereits die Auffassung vertreten, dass alle früheren Festlegungen im Mannesstamm als nichtig anzusehen sind.
Dabei ist eine Festlegung im Mannesstamm überhaupt nicht erforderlich. Für die Einhaltung von Sinn und Zweck der gewohnheitsrechtlich geprägten wappenrechtlichen Grundsätze genügt bereits die konsequente Einhaltung des Namens- und Nachkommenschaftsprinzips (Müller-Bruns, vgl. unten). Anerkannte Wappenrollen registrieren Familienwappen daher heute regelmäßig verfassungskonform mit einer Wappenführung im Namensstamm (siehe unter 8.).
4. Die Stiftung eines eigenen Familienwappens ist eine einseitige Rechtshandlung, die einer hinreichenden Publizität bedarf, um wirksam zu werden und einen Anspruch gegen Unberechtigte rechtlich durchsetzen zu können.
Dies bedarf keiner behördlichen Mitwirkung. Es bedarf hierfür auch keiner Eintragung in einer Wappenrolle.
Gleichwohl ist es ratsam und hilfreich, das eigene Wappen in einer anerkannten Wappenrolle eintragen zu lassen und somit eine Veröffentlichung des Wappens zu gewährleisten. Sinn und Zweck einer Wappenrolle ist die Dokumentation von Familienwappen. Dies gilt auch für ältere Wappen. Durch die Registrierung des Wappens und die folgende Publikation wird der Öffentlichkeit unter Beachtung des Ausschließlichkeitsgrundsatzes (siehe 6.) der Anspruch auf das Wappen gezeigt. Durch die Eintragung in einer Wappenrolle mit anschließender Publikation kommt der Wille zur Führung des Wappens und damit der Beginn der Wappenführung besonders klar zum Ausdruck.
Zudem kann so über die analoge Anwendung der Vorschrift zum Namensschutz (§ 12 BGB analog) der Schutz des Wappen besser durchgesetzt werden. Der Nachweis der längeren Wappenführung, der gegenüber Nichtberechtigten zu erbringen ist, wird durch die datenmäßig genau festgelegte Eintragung in einer Wappenrolle erheblich erleichtert. Durch die Veröffentlichung soll ermöglicht werden, später einen zuverlässigen Nachweis über das Wappen zu finden. Es wird dokumentiert, wer der Wappenstifter ist sowie wann und mit welcher genealogisch nachweisbaren Person die Wappenführung der Familie beginnt.
Familienwappenrollen dokumentieren immer die tatsächlich erfolgte Annahme und Führung eines Wappens durch die Berechtigten. Der Wappenstifter ist daher als führungsberechtigt auszuweisen, da die Stiftung eines solchen Wappens immer für sich und die eigenen namensgleichen Nachkommen erfolgt. Entsprechend wird eine aufoktroyierende Fremdstiftung bzw. Wappenschenkung nicht eingetragen. Eintragungsfähig ist aber die gegebenenfalls danach erfolgte tatsächliche Wappenannahme durch die Berechtigten selber.
Entsprechend kann der Antragsteller einer Wappeneintragung immer nur der Wappenstifter selber oder ein führungsberechtigtes namensgleiches Familienmitglied sein. In Deutschland wird seit 1918 kein Familienwappen mehr durch eine „Obrigkeit“ oder eine besondere Person verliehen oder bestätigt.
5. Die Führungsberechtigung an einem Familienwappen muss jederzeit und lückenlos nachgewiesen werden können.
6. Ausschließlichkeitsgrundsatz: Niemand darf ein Wappen annehmen und führen, das bereits geführt wird, geführt wurde oder einem existierenden Wappen zum Verwechseln ähnelt.
Für Familienwappen bedeutet der Ausschließlichkeitsgrundsatz: Das vorhandene Wappen einer Familie kann nur von verwandtschaftsmäßig dieser Familie angehörigen namensgleichen Trägern (Nachkommen) geführt werden.
Der Ausschließlichkeitsgrundsatz hat großen Einfluss auf die Prüfarbeit der Wappenrollen. So gilt: Schon bei einer gewissen Wahrscheinlichkeit, dass ein Wappen bereits geführt werden könnte, ist von der Wahl eines solchen Wappens ab- und eine Überarbeitung anzuraten. Dies muss heute insbesondere bei einfachen, häufiger vorkommenden Wappenbildern gelten. Ist ein einzelnes Bild sehr häufig geworden, so besitzt es keine große Unterscheidungskraft mehr. Deshalb kann auf eine unterschiedliche Gestaltung des Schildes kaum verzichtet werden, sofern es sich um neu angenommene Wappen handelt.
Der Rechtsgrundsatz gilt auch, wenn ein Wappen nur unwesentlich von einem bereits geführten Wappen abweicht, so dass trotz dieser Abweichung die Gefahr einer Verwechslung besteht. Bei einem Heraldikertreffen in Ludwigshafen im Jahr 1975 wurde hierzu eine genaue Definition erarbeitet: Die Gefahr der Verwechslung wird regelmäßig dann angenommen, wenn bei einem Betrachter, der nicht über besondere Sachkunde verfügt und nicht genau prüft, trotz vorhandener Abweichungen zwischen zwei Wappen die irrige Vorstellung erweckt wird, dass er es mit ein und demselben Wappen zu tun habe. Verwechselungsfähige Wappen sind ebenso zu bewerten, wie völlig übereinstimmende.
7. Namensgleichheit bedeutet nicht Wappengleichheit
Die Gleichheit des Familiennamens berechtigt nicht automatisch zur Führung des Wappens einer anderen Familie mit gleichem Namen.
8. Wappenführung und -weitergabe im Namensstamm
(Namens- und Nachkommenschaftsprinzip)
Führungsberechtigt sind neben dem Wappenstifter seine männlichen und weiblichen natürlichen und rechtlichen Nachkommen, soweit und solange sie noch den direkt weitergegebenen Familiennamen des Wappenstifters, auch als Teil eines Mehrfachnamens, führen.
1. Voraussetzung:
Nachkommenschaft vom Wappenstifter (oder einem Stammahn: siehe unter 10.)
2. Voraussetzung:
Tatsächliche Fortführung des Familiennamens des Wappenstifters
Neu angenommene Familienwappen werden heute regelmäßig verfassungskonform mit einer Führungsberechtigung mit Namens- und Nachkommenschaftsprinzip eingetragen. Einbezogen ist die die natürliche wie auch die rechtliche Nachkommenschaft (Volladoption).
Damit die Wappenführung und -weitergabe nicht zu einem Zustand vollständiger Unordnung und Verwirrung führt, sind die Voraussetzungen des Namensstamms konsequent einzuhalten. Dem Sinn und Zweck der wappenrechtlichen Grundsätze wird genüge getan, soweit und solange die Kopplung des Familienwappens an den Namen und an das Bestehen einer Nachkommensgemeinschaft aufrechterhalten wird.
9. Beim Namensstamm ist zu beachten:
Das Familienwappen, der Familienname des Wappenstifters und die Nachkommenschaft vom Wappenstifter gehören bei einer Führung und Weitergabe des Wappens immer zusammen.
(a) Beim Namensstamm sind ein bestimmtes Geschlecht und eine Ehelichkeit der Nachkommen keine Voraussetzungen. Die Wappenführung ist bei nichtehelichen Nachkommen, die den Familiennamen des Wappenstifters führen dürfen, nicht ausgeschlossen, siehe Namensstamm mit Namens- und Nachkommenschaftsprinzip! So ist es beispielsweise der Enkelin eines Wappenstifters nicht versagt, das Wappen ihres Großvaters zu führen, nur weil sie das nichteheliche Kind seiner Tochter ist, wenn sie als seine Nachkommin den Familiennamen ihres Großvaters trägt.
(b) Der für die Wappenführungsberechtigung wichtige "Familienname" ist der tatsächlich geführte Nachname. Es ist jeweils der Nachname, der nach der geltenden Rechtsordnung auf die eigenen Nachkommen übergehen würde. Hierbei ist zu beachten, dass sich der Familienname eines Menschen im Laufe des Lebens einmal oder mehrmals ändern kann (Heirat, Scheidung, Adoption). Der ursprüngliche, durch Abstammung erhaltene Familienname heißt "Geburtsname". Dem Nachnamen angehängte Angaben zum Personen- / Familienstand sind keine Bestandteile des Familiennamens. Beispiel: "Mustermann, geborene Müller, geschiedene Meyer, verwitwete Schmidt". Siehe in der ausführlichen Darstellung der wappenrechtlichen Grundsätze unter C.5.
Der Familienname des Wappenstifters (Name der wappenführenden Familie = Wappenname) ist tatsächlich aktiv als Familienname zu führen, wenn das Familienwappen geführt werden will. In die Wappenrollen werden bürgerliche Familienwappen unter dem in Deutschland geltenden, kontinuierlich geführten Familiennamen eingetragen. Das bedeutet: Pseudonyme, erkaufte und nicht nachgewiesene Titel und Namen gemäß der geltenden Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland finden bei den Familienwappenrollen keine Berücksichtigung. Es besteht kein Anspruch auf eine Eintragung.
Bei Familienwappen besteht eine Führungsberechtigung der Nachkommen des Wappenstifters, soweit und solange diese noch aktiv den Familiennamen des Wappenstifters führen. Dies wird bei der Eintragung in eine Wappenrolle entsprechend dokumentiert. Eine Führungsberechtigung besteht auch, wenn der Wappenname Bestandteil eines Mehrfach- bzw. Doppelnamens ist. Siehe hierzu unten in der ausführlichen Darstellung der wappenrechtlichen Grundsätze unter C.2.
Bei der Annahme eines neuen Familiennamens gilt beim Namensstamm zwingend:
"Familienname weg = Familienwappen weg".
Wichtige Ausnahme:
Gemäß dem historisch gewachsenen Gewohnheitsrecht und der Praxis der heraldischen Vereine und Gesellschaften wird beim Namensstamm in den Familien nach der Wahl eines neuen - vom Geburtsnamen abweichenden - Familiennamens (Ehenamens) bei den betroffenen Nachkommen eine rein persönliche Führungsberechtigung des elterlichen Wappens auf Lebenszeit akzeptiert. Somit sind Allianzwappen möglich.
Aber: Diese betroffenen Nachkommen mit neuem Familiennamen können bei konsequenter Anwendung des Namens- und Nachkommenschaftsprinzips das elterliche Wappen nicht mehr an die eigenen Nachkommen weitergeben. Ebenso können diese Nachkommen mit neuem Familiennamen kein Wappen mehr für die - nun namensfremde - elterliche Familie neu stiften. Dafür können sie jetzt aber für sich selber und ihre namensgleichen Nachkommen ein eigenes Familienwappen unter ihrem neu gewählten Familiennamen annehmen. Siehe hierzu unten in der ausführlichen Darstellung der wappenrechtlichen Grundsätze unter C.2.
(c) Voraussetzung für die berechtigte Weitergabe eines Familienwappens ist die namensgleiche Nachkommenschaft vom Wappenstifter. Dies bedingt eine tatsächliche Weiterführung des Familiennamens des Wappenstifters (= Wappenname = Name der wappenführenden Familie) durch die Nachkommen. Bei Einhaltung des Namensstammes kann das Familienwappen niemals - auch nicht über eine genealogische Abstammung - zur Weitergabe auf eine Familie mit einem völlig anderen Familiennamen übertragen werden, ohne dass dies im Wappen selber durch eine deutliche Änderung sichtbar wird. In letzter Konsequenz bedeutet dies für die Betroffenen die Annahme eines neuen Familienwappens.
(d) Beim Namensstamm sind neben dem Wappenstifter alle männlichen und weiblichen, natürlichen und rechtlichen Nachkommen des Wappenstifters berechtigt, dasselbe Wappen zu führen, soweit und solange sie noch den Familiennamen des Wappenstifters tragen. Die Ehepartner der Wappenstifter und der Führungsberechtigten gelten beim Namensstamm bei Namensgleichheit „automatisch“ als führungsberechtigt. Dies wird in den Wappenrollen jedoch nicht explizit genannt.
Für diese lediglich abgeleitete, nicht originäre "automatische" Führungsberechtigung der Ehegatten wird beim Namensstamm allgemein neben einer bestehenden ehelichen Verbindung die Annahme des Familiennamens des Wappenstifters, auch als Teil eines Doppel- bzw. Mehrfachnamens, vorausgesetzt. Es handelt sich nach verbreiteter Ansicht dabei um eine vom führungsberechtigten Ehegatten abgeleitete auflösend bedingte, also ehebedingte Berechtigung. Endet die Ehe durch dessen Tod, so bleibt der verwitwete Ehepartner gemäß den gewohnheitsrechtlich geprägten wappenrechtlichen Grundsätzen jedoch weiter führungsberechtigt bis zu einer Wiederverheiratung.
Achtung: Beim Namensstamm ist die eigene Nachkommenschaft vom Wappenstifter immer eine der beiden zwingenden Voraussetzungen für die eigene Weitergabe an die eigenen namensgleichen Nachkommen. Dies hat Bedeutung bei einer Scheidung, da der Ehegatte regelmäßig kein Nachkomme des Wappenstifters sein dürfte. Siehe hierzu unten in der ausführlichen Darstellung des sog. Wappenrechts unter C.4.
10. Ein Wappenstifter kann die Führungsberechtigung auf einen namensgleichen Vorfahren und dessen Nachkommen ausdehnen, soweit und solange sie den Familiennamen des Wappenstifters führen.
Hierzu dehnt der Wappenstifter die Führungsberechtigung auf einen namensgleichen Vorfahren (sog. Stammahn) und dessen namensgleiche Nachkommen aus. Zu den Grenzen einer solchen Ausdehnung siehe unten in der ausführlichen Darstellung der wappenrechtlichen Grundsätze unter C.3. Eine Ausdehnung der Berechtigung auf Träger eines anderen Familiennamens oder überhaupt auf völlig fremde Familien würde die Eigenschaft des Familienwappens als Kennzeichen einer bestimmten Familie in Frage stellen.
11. Der Wappenstifter und die führungsberechtigten namensgleichen Mitglieder seiner Familie bilden hinsichtlich des Rechtes am Wappen eine Art "Rechtsgemeinschaft zur gesamten Hand".
Kein Negativeingriff in bestehende Rechte: Keiner der zur Wappenführung Berechtigten kann allein ohne Mitwirkung der übrigen lebenden Wappengenossen in das bereits bestehende Recht an dem Familienwappen negativ eingreifen bzw. hierüber verfügen. So wird eine Wappeneintragung auf Antrag des Wappenstifters oder eines Führungsberechtigten nur dann geändert oder gelöscht, wenn dieser versichert und nachweist, dass sämtliche übrigen zur Führung des Wappens Berechtigten dem Änderungs- oder Löschungsbegehren zustimmen.
Einem Antrag auf positive Ausweitung der Berechtigung durch den Wappenstifter kann hingegen ohne Beteiligung der anderen Führungsberechtigten entsprochen werden. Dies gilt im positiven heraldischen Sinne für die Ausdehnung der Führungsberechtigung auf die namensgleichen Nachkommen eines direkten Vorfahren. Es gilt insb. auch für den Wechsel zum Namensstamm ohne jegliche Bedingungen hinsichtlich des Geschlechts oder der Ehelichkeit der Nachkommen.
12. Das Recht an einem Familienwappen überträgt sich wie der rechtsähnliche Familienname nicht durch Erbgang, sondern als Folge der Nachkommenschaft bei Geburt oder gesetzlich geregelter rechtlicher Nachkommenschaft.
Heraldiker sprechen daher korrekt von Übergang bzw. Weitergabe und Weiterführung (nicht von "Vererbung"). Das Recht an einem Familienwappen ist der Vererbung in dem Maße entzogen wie der Name. Konkret: Das Wappen unterliegt wie der Name nicht den Bestimmungen des Erbrechts. Es wird damit auch nicht durch eine letztwillige Verfügung auf den Todesfall übertragen.
13. Das Wappen einer ausgestorbenen Familie darf nicht unverändert übernommen werden.
Eine Familie mag aussterben - ihr Familienwappen bleibt als Kennzeichen genau dieser Familie mit ihrem Familiennamen weiterhin bestehen. Keine Wappenrolle in Deutschland hat heute die Berechtigung, ein solches Familienwappen für eine andere Familie mit gleichem oder abweichendem Familiennamen einzutragen.
14. Von der Eintragung in einer Wappenrolle sind ausgeschlossen:
(hier: gemäß dem Statut der Niedersächsischen Wappenrolle - NWR)
a) Staatswappen und andere staatliche Hoheitszeichen,
b) Wappen die nachweislich bereits von einer anderen Familie oder einer Körperschaft geführt wurden oder gegenwärtig geführt werden,
c) Wappen, die von den unter 1. und 2. genannten nur unwesentlich abweichen, dass trotz dieser Abweichungen die Gefahr einer Verwechslung vorliegt,
oder die einen Schild mit einem entsprechenden Wappen als Teil im zur Eintragung beantragten Wappenschild enthalten,
d) Wappen die den allgemein anerkannten Regeln der Heraldik (Wappenkunde, Wappenkunst, Wappenrecht) widersprechen,
e) Wappenentwürfe, die in ihrer Gestaltung gröblich gegen die Grundsätze der Symbolik und Ästhetik verstoßen.
15. Die Voraussetzungen für eine Wappeneintragung sind in dem Statut einer Wappenrolle festgelegt.
Das Führen einer Wappenrolle ist in Deutschland keine offizielle staatliche Tätigkeit. Wappenrollen werden meist als gedruckte Ausgaben von gemeinnützigen und als wissenschaftlich förderungswürdig anerkannten heraldischen Vereinen und Gesellschaften auf privatrechtlicher Basis geführt. Die konkreten Voraussetzungen sind in dem Statut der jeweiligen Wappenrolle festgelegt. Die Wappenrollen werden daher nicht jeden Wunsch und jede Formulierung der Antragsteller bei der Registrierung im eigenen Wirkungskreis akzeptieren. Es besteht kein Anspruch auf eine Eintragung und Veröffentlichung.
Schaubild zur Wappenführung im Namensstamm
Neu angenommene Familienwappen werden heute regelmäßig mit einer Führungsberechtigung im Namensstamm in Wappenrollen aufgenommen. Der Namensstamm beinhaltet ein Namens- und Nachkommenschaftsprinzip. Die stärkere schwarze Linie im Schaubild zeigt den Übergang des Rechts am Familienwappens auf die natürlichen oder rechtlichen Nachkommen (1. Voraussetzung) bei tatsächlicher Fortführung des Familiennamens (2. Voraussetzung). Dieses Recht geht bei Geburt über. Es wird damit nicht vererbt.
Das Schaubild wurde von dem Juristen Dieter Müller-Bruns (Kleeblatt / MdH) auf der
Grundlage eines Zeichnungsmusters von Dr. Bernhard Peter (Kleeblatt / KMdH) erstellt.
Achtung: Dies ist nur eine Kurzübersicht.
Weitere Schaubilder zur Führungsberechtigung (auch der Ehepartner) mit Erläuterungen
finden Sie in der folgenden ausführlichen Darstellung der wappenrechtlichen Grundsätze unter C.
Ausführliche Darstellung der wappenrechtlichen Grundsätze
Müller-Bruns, Dieter (Kleeblatt / MdH): Überlegungen zu Grundzügen des Wappenrechts, in HEROLD-Studien Band 9: Wappen heute – Zukunft der Heraldik? Eine Historische Hilfswissenschaft zwischen Kunst und Wissenschaft, S. 33 ff., Berlin 2014, Beitrag zur Tagung der Fachgruppe Historische Hilfswissenschaften (HEROLD) und des HEROLDs-Ausschusses für die Deutsche Wappenrolle u.a. unter Beteiligung des Heraldischen Vereins "Zum Kleeblatt" und Mitarbeitern der Niedersächsischen Wappenrolle am 24. April 2009 im Archiv der Max-Planck-Gesellschaft Berlin; sowie: Müller-Bruns, Dieter: Wappenrechtliche Aspekte von Familienwappenrollen - Teile 1 - 5, in Kleeblatt, Zeitschrift für Heraldik und verwandte Wissenschaften - Hefte 1/2015 - 1/2017; sowie: Müller-Bruns, Dieter: Nachtrag zum Wappenrecht, in: DER HEROLD - Heft 1-2/2015, Seite 194, sowie: Müller-Bruns, Dieter: Ausführungen zum Wappengebrauch, in: Niedersächsische Wappenolle Gesamtausgabe Band 2, S. 25 ff, Hannover 2023
Vorwort
Es ist richtig, dass das Wappenwesen nicht durch einen nachweisbaren gesetzgeberischen Vorgang begründet wurde, sondern sich als Zeiterscheinung entwickelte, für die sich über das Gewohnheitsrecht Regeln herausbildeten. Gleichwohl haben die im Bereich der historischen Hilfswissenschaften ehrenamtlich tätigen Juristen wie Töteberg oder Müller-Bruns immer mahnend darauf hingewiesen, dass es eine rechtliche Seite der Heraldik gibt.
Der mahnende Hinweis ist notwendig, da besonders die Diskussion über die Führungsberechtigung eines Familienwappens oftmals chaotisch wirkt. Für den verbreiteten Wunsch nach Orientierung im Bereich des sogenannten Wappenrechts ist vorrangig das Fehlen staatlicher Regelungen für den Bereich der bürgerlichen Heraldik ursächlich. In den heraldischen Vereinen in Hannover ("Zum Kleeblatt"), Berlin (HEROLD) und München ("Wappen-Löwe") wird dem sogenannten Wappenrecht bei Familienwappen daher ein besonderer Stellenwert eingeräumt.
Der folgende Beitrag von Herrn Müller-Bruns soll einen Leitfaden zur Orientierung und zur eigenen Meinungsbildung hinsichtlich der auf dem Gewohnheitsrecht beruhenden wappenrechtlichen Grundsätze bei Familienwappen geben und zugleich zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen. Auf Wunsch des Kleeblatt-Geschwistervereins HEROLD (gegr. 1869) wirkt der Jurist Müller-Bruns seit 2009 als Referent bei den HEROLD-Seminarwochen über Grundlagen der Heraldik in Berlin mit. Der langjährige ehrenamtliche Heraldiker ist Bearbeiter bzw. Beisitzer der Niedersächsischen Wappenrolle (NWR) in Hannover sowie auch der Deutschen Wappenrolle (DWR) in Berlin.
Es erfolgen durch den unabhängigen Arbeitskreis ehrenamtlicher Heraldiker in dem als gemeinnützig und wissenschaftlich förderungswürdig anerkannten Heraldischen Verein "Zum Kleeblatt" in Hannover, auch soweit ehrenamtliche Mitglieder Volljuristen mit der Befähigung zum Richteramt sein sollten, keine Rechtsberatungen im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG). Dies gilt auch für die juristische Vertretung von Rechtsstreitigkeiten vor Gericht. Wir bitten aus rechtlichen Gründen um Verständnis.
Die hier benutzte männliche Form von Begriffen wie
„Wappenstifter" etc. (generisches Maskulinum) gilt
gleichwertig für männliche und weibliche Personen.
Grundzüge des sogenannten Wappenrechts bei Familienwappen –
Richtlinien zu Wappenführung und Wappenweitergabe
A. Wappenfähigkeit
B. Das Recht, ein bestimmtes Wappen zu führen
C. Führungsberechtigung und Weitergabe an Nachkommen
D. Voraussetzungen für einen wirksamen Rechtsschutz
E. Über Wappenrollen und Wappenausschüsse
F. Ausschließlichkeitsgrundsatz - Wappenschwindel
G. Besondere Fachbegriffe der Heraldik
H. Literaturhinweise zum sog. Wappenrecht
A. Wappenfähigkeit
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- In der Bundesrepublik Deutschland kann jeder Bürger bzw. jede Bürgerin ein Familienwappen führen. Eine nur auf das männliche Geschlecht oder bestimmte Personenkreise beschränkte Wappenfähigkeit gibt es nicht.
- So sind die (regelmäßig willkürliche) Annahme und das Führen von bürgerlichen Familienwappen bereits seit dem 13. Jahrhundert nachgewiesen. Die Behauptung, eine Wappenfähigkeit habe nur adeligen Familien zugestanden, berücksichtigt nicht den konkreten historischen Sachverhalt.
- Das Wappen, ursprünglich für den Ritterstand der europäischen Feudalstaaten bestimmt, wurde schon früh auch zum Sinnbild von Familien sowie von verschiedenen Gemeinschaften des bürgerlichen Lebens und hat als solches in den letzten Jahrhunderten in weiten Gebieten der Welt Fuß gefasst.
- In vielen Ländern - wie auch in Deutschland - werden noch heute Wappen angenommen, die einer genealogisch bestimmbaren Familie bildhafte Identität geben und das Gefühl der Zusammengehörigkeit stärken können.
Eine Sache ist jedoch das Recht, überhaupt ein Wappen
führen zu dürfen, eine andere das Recht,
ein bestimmtes Wappen zu führen.
B. Das Recht, ein bestimmtes Familienwappen zu führen
-
- Waren im Preußischen Allgemeinen Landrecht zumindest noch einige wenige Hinweise zum Familienwappen enthalten, so fehlt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ein Hinweis auf das bürgerliche Wappenwesen.
- Auch das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland enthält über das Familienwappen keine direkten Bestimmung.
B.1 Es gibt in Deutschland im kodifizierten Recht
-
- keine Vorschrift, die vom Wortlaut rechtsbegründend direkt das höchstpersönliche Recht an einem Familienwappen (Berechtigung zur Führung und Weitergabe) regelt, sowie
- keine Vorschrift, die vom Wortlaut direkt vor der missbräuchlichen Verwendung eines bestehenden Familienwappens schützt (=> Schutz des Wappens).
B.2 Gewohnheitsrecht
Vorhanden ist jedoch ein ausgeprägtes Gewohnheitsrecht.
-
- Neben dem kodifizierten Recht steht das Gewohnheitsrecht, das nach Art. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) als anerkannte Rechtsnorm auch Gesetzeskraft hat.
- Gewohnheitsrecht entsteht durch gleichmäßige Übung der Beteiligten in Rechtsüberzeugung. Die Geltung von Gewohnheitsrecht endet wie die von gesetztem Recht erst durch Erlass eines abweichenden Gesetzes oder durch Bildung von entgegen stehendem Gewohnheitsrecht (Palandt, BGB, 70. Auflage 2011, Einleitung, Rdnr. 22).
- Das Recht an einem Familienwappen ist ein eigenständiges Rechtsinstitut des Privatrechts, das auf Gewohnheitsrecht beruht. Es ist ein neben dem rechtsähnlichen Namensrecht stehendes Recht (aber nicht in ihm enthaltenes Recht) zur Kennzeichnung der eigenen Familie (Müller-Bruns, HERALDIK PUR 2013, HEROLD-Seminare 2011 und 2013).
- Die im Laufe der Zeit sich herausgebildeten Regeln der Heraldik sind als ein Gewohnheitsrecht anzusehen (Dr. Helmut Töteberg, Kleeblatt-Festschrift 1963).
- Das Gewohnheitsrecht ist ungeschriebenes Recht, das nicht durch Gesetzgebung zustande kommt, sondern durch eine lange andauernde Anwendung von Rechtsvorstellungen oder Regeln, die von den Beteiligten im Rechtsverkehr als verbindlich akzeptiert werden. Das Gewohnheitsrecht wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Schrifttum als gleichberechtigt mit Gesetzen anerkannt. Die Hauptanwendungsfelder finden sich im Zusammenhang mit zivil- und handelsrechtlichen Gesetzen, der Verkehrssitte und Handelsbräuchen sowie sonst nicht explizit in Gesetzestexten geregelten Materien, wie das deutsche Wappenrecht [...].“ (OLG Koblenz, Urteil vom 5. März 2020, Az. 1 U 960/18)
Vom Aufkommen der Familienwappen an stellten diese ein besonderes Zeichen der Wappenführenden als Familien- bzw. Nachkommensgemeinschaft mit Ausschließlichkeitscharakter dar, stets eng verbunden mit dem Familiennamen. Diese Bedeutung des Familienwappens hat sich über alle Stilepochen und geschichtlichen Zeitläufe hinweg im Wesentlichen bis in unsere Zeit erhalten und ist auch heute noch Grundlage des sog. Wappenrechts bei Familienwappen.
B.3 Richterliche Rechtsfortbildung
Die hinsichtlich der Familienwappen bestehende Gesetzeslücke im kodifizierten Recht wurde in Deutschland durch die obersten Rechtsprechungsorgane zumindest hinsichtlich des Schutzes eines bestehenden Rechts an einem Wappen vor einem unberechtigten Gebrauch geschlossen:
-
- In Urteilen wurde § 12 BGB - in Ermangelung anderer bestehender Normen - als Vorschrift für den Schutz des Namens in analoger Form auch für den Schutz des Wappens herangezogen (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 28.03.2002, I ZR 235/99, NJW-RR 2002, 1401-1404).
- Der Inhaber eines bestehenden Rechtes an einem eigenen Familienwappen kann so über die analoge Anwendung der Vorschrift zum Namensschutz einen Schutz seines bestehenden Wappens erreichen.
- Eine Analogie in der Rechtswissenschaft ist die Übertragung der für einen Tatbestand im Gesetz vorgesehenen Regel / Rechtsfolge auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand (Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, Einleitung, Rdnr. 48).
Der Schutz eines bestehenden Wappens erfolgt gemäß richterlicher Rechtsfortbildung über die analoge Anwendung des § 12 BGB. Das "Recht an einem Familienwappen" (Berechtigung zur Führung und zur Weitergabe) beruht hingegen auf dem Gewohnheitsrecht. Dies bleibt gültig, solange ihm kodifiziertes Recht oder Rechtsprechung nicht entgegenstehen.
sog. Wappenrecht bei Familienwappen
__________I__________
Recht am Familienwappen Unterlassung-/Beseitigungsanspruch
(Gewohnheitsrecht) ( § 12 BGB analog)
-
- Jeder führungsberechtigte Träger eines Familienwappens hat gemäß § 12 BGB analog einen Unterlassungs-/Beseitigungsanspruch gegen andere Personen, die dieses Wappen unberechtigt führen. Er kann die Weiterführung des Wappens untersagen und die Beseitigung sonstiger Beeinträchtigungen seines Rechts verlangen und juristisch durchsetzen.
- Der Schutz nach § 12 BGB analog, der natürlichen und auch juristischen Personen zukommt, schließt Wappen und Siegel ein (BGHZ 119, 237). Dies gilt nach allgemeiner Auffassung auch für Familienwappen. Voraussetzung ist jedoch immer, dass das Wappen individualisierende Unterscheidungskraft aufweist (BGH, Urteil vom 28.03.2002, I ZR 235/99, NJW-RR 2002, 1401-1404).
- Der "Gebrauch" eines fremden Wappens im Sinne von § 12 BGB (analog) ist nicht nur bei einer völlig identischen Übernahme, sondern auch bei einer nur ähnlichen Wiedergabe gegeben, sofern diese die wesentlichen Merkmale des Originals enthält und damit geeignet ist, auf den Berechtigten hinzuweisen (BGH, Urteil vom 28.03.2002, I ZR 235/99; vgl. OLG Hamburg, OLGE 3, 89 sowie Staudinger/Weick/Habermann, BGB, 1995, § 12 Rdnr. 222).
- In Deutschland haben das Reichsgericht (RG) und der Bundesgerichtshof (BGH) in langjähriger Rechtsprechung die analoge Gleichbehandlung des Rechtsschutzes des Wappens mit dem Schutz des Namens anerkannt.
Dies ist heute gefestigte Rechtsüberzeugung (Soergel-Siebert, BGB, 11. Aufl. 1978, zu § 12, Anm. C III 7, siehe auch Palandt, BGB, 65. Aufl. 2006, § 12 Rdnr. 38).
Verfolgt jemand den Schutz seines Familienwappens, so wird das Gericht für die Bejahung eines berechtigten Interesses (Rechtsschutzbedürfnis) aber immer einen strengen Maßstab anlegen.
Heraldiker sollten jedoch mit einer unbedarften Auslegung dieser Urteile vorsichtig sein, nachdem der Gesetzgeber seit 1918 keine Notwendigkeit gesehen hat, den Bereich der bürgerlichen Heraldik explizit zu regeln.
-
- Die Urteile beschäftigen sich nur damit, wie das - bereits bestehende - Recht an einem Wappen (Führungsberechtigung und Weitergabe) in analoger Anwendung bestehender Gesetze einen Schutz vor Missbrauch findet. Das gesamte sog. Wappenrecht wird in seiner Gesamtheit aber damit nicht einfach zu einer Sonderform des jeweils geltenden Namensrechts.
- Die in den Urteilen herangezogene BGB-Vorschrift selber regelt weder direkt vom Wortlaut noch durch eine analoge Anwendung, wie das Recht an einem Familienwappen - Führungsberechtigung - entsteht. Dies ergibt sich auch aus den Entscheidungen der obersten Gerichte gerade nicht. So betonte das OLG in seiner Entscheidung vom 5. März 2020 (Az. 1 U 960/18) vielmehr, dass das deutsche Wappenrecht Gewohnheitsrecht ist.
- Das Namensrecht selber beinhaltet keine Regelungen zum Recht an einem Wappen. Das Recht an einem Wappen (Führungsberechtigung und Recht zur Weitergabe) beruht nicht wie das Namensrecht auf kodifiziertem Recht. Das in andere Richtung bestimmt kodifizierte Namensrecht "bricht" damit nicht das sog. Wappenrecht als anerkanntes Gewohnheitsrecht.
- Die Geltung von Gewohnheitsrecht endet wie die von gesetztem Recht erst durch Erlass eines abweichenden Gesetzes oder durch Bildung von entgegenstehendem Gewohnheitsrecht (Palandt, BGB, 70. Auflage 2011, Einleitung, Rdnr. 22).
- Hinweis: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 13.03.2000 (Az.: 2 BvR 860/95) bewusst offen gelassen, ob das Namensrecht ein Recht zur Führung an einem eigenen Wappen umfasst oder nicht umfasst.
Beachte immer: Der Staat hat seit 1918 keine Notwendigkeit gesehen, das bürgerliche Wappenwesen und hier insbesondere die Führungsberechtigung und die Weitergabe eines Familienwappens einer gesetzlichen Regelung zu unterwerfen.
Im Ergebnis ist zur Rechtsgrundlage festzuhalten:
Das Recht an einem Familienwappen(Berechtigung zur Führung und Weitergabe) richtet sich nach den auf Gewohnheitsrecht beruhenden wappenrechtlichen Grundsätzen.
'Zum Schutz bestehen gemäß der richterlichen Rechtsfortbildung Abwehransprüche.
Beachte aber: Auch wenn als Rechtsgrundlage für das Recht an einem Familienwappen das Gewohnheitsrecht anzusehen ist, so dürfen die wappenrechtlichen Grundsätze bei ihrer Anwendung nicht gegen kodifiziertes Recht verstoßen.
B.4 Exkurs: Abgrenzung Markenzeichenrecht - Wappenrecht
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- Das Markenzeichenrecht vermag für das Recht an einem Familienwappen - Berechtigung zur Führung und zur Weitergabe an die Nachkommen (= Wappengebrauch) - keine befriedigende Lösung zu bieten. Es enthält vom Wortlaut auch keine Regelungen hierzu.
- Etwas anderes dürfte jedoch gelten, wenn ein Familienwappen oder wappenähnliches Kennzeichen als Warenzeichen dient oder mit einem gewerblichen Unternehmen verbunden ist. Hier wird das Zeichen als solches zu einem Vermögenswert im Sinne des § 1922 BGB und geht als Vermögenswert im Erbfall (Tod des Erblassers) sowie bei einem Veräußerungsgeschäft an andere Personen, d.h. auch fremde Dritte, über (vgl. Dr. Helmut Töteberg, Hannover).
- Zwischen dem Waren-/Markenzeichen- und dem sog. Wappenrecht bestehen zum Teil tiefgreifende Unterschiede. Das Warenzeichenrecht ist ein Vermögensrecht (hier geht es um Vermögenswerte), während hingegen das sog. Wappenrecht auf der Grundlage des Gewohnheitsrechts als ein Persönlichkeitsrecht im Sinne des Zivilrechts anzusehen ist. Als solches ist das sog. Wappenrecht ein absolutes, d.h. gegenüber jedermann wirkendes Recht, das mit der jederzeit zulässigen, formlosen Annahme des Familienwappens gegenüber jedermann entsteht (so bereits der Jurist Jürgen Arndt, 1949).
- Wird ein Familienwappen als Warenzeichen zu einem Vermögenswert, so gelten die entsprechenden vermögensrechtlichen Regelungen. Hierdurch geht der Charakter als Familienwappen einer ganzen, genealogisch bestimmbaren Familie verloren. Ein Familienwappen überträgt sich innerhalb der Familie (wie der Familienname) als Folge der Nachkommenschaft bei Geburt an die Nachkommen - nicht aber wie ein Vermögenswert durch ein Veräußerungsgeschäft oder durch eine Vererbung im Todesfall des Erblassers.
B.5 Exkurs: Wappenrecht und Namensrecht
Der Bezug des Familiennamens auf das Familienwappen ist historisch betrachtet nicht völlig unberechtigt. In der über Jahrhunderte gewohnheitsrechtlich geprägten Praxis erhielten die ehelichen Nachkommen vom Vater bei Geburt das Recht zur Führung des Familienwappens regelmäßig zusammen mit dem Familiennamen weitergegeben.
In Zeiten, in denen beim Familienname und beim Familienwappen auf den sog. Mannesstamm abgestellt wurde, bestand zwischen dem Kreis der zur Führung des Familiennamens und dem Kreis der zur Führung des Wappens berechtigten Nachkommen eines Mannes Übereinstimmung. Namensrecht und Wappenführungsrecht liefen damals parallel. Dies änderte sich jedoch und heute ist Vorsicht bei unbedachten Vereinfachungen und Gleichsetzungen geboten:
Es gibt von einzelnen Personen immer wieder Versuche, ohne Rechtsgrundlage sowie ohne Beachtung des Gewohnheitsrechts und über die durch die Rechtsprechung entwickelte Analogie zum Schutz des Wappens hinaus, das jeweils geltende Namensrecht in seiner Gesamtheit und ohne Beachtung einer tatsächlichen Nachkommenschaft auch für rechtliche Fragen zum Familienwappen, wie die Frage der Führungsberechtigung, heranzuziehen. Wer aber davon ausgeht, es handele sich um eine direkte und nicht - wie von der Rechtsprechung entwickelt - um eine analoge Anwendung des § 12 BGB und daraus herleitet, das Namensrecht sei damit direkt und allein anwendbar, der wird einen fatalen Weg mit vielen Problemen beschreiten.
Früher wurde das lange Parallellaufen von Familiennamen und Familienwappen relativ undifferenziert gesehen (siehe älteres Schrifttum) - bis 1976 durch das Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts die im Mannesstamm weitergebenen Familiennamen durch die Ehenamen ersetzt wurden. Problem: Durch neuere Gerichtsurteile ist es zu bedeutenden Entwicklungen im Namensrecht gekommen. So kann in Deutschland im Extremfall der gemeinsame gewählte Nachname durch jeden der beiden geschiedenen Ehepartner in einer neuen Ehe als Nachname weiter verwendet werden (vgl. BVerfGE Bd. 109, S. 256-275).
Dies gilt so jedoch nicht für das Recht an einem Familienwappen einer bestimmten und genealogisch bestimmbaren Familie. Das Wappenführungsrecht ist ein auf dem Gewohnheitsrecht beruhendes Recht zur Kennzeichnung der eigenen Familie. Bei einer uneingeschränkten Anwendung des Namensrechts auf der Suche nach einer Rechtsgrundlage für das Recht an einem Familienwappen würde der Nachkommenschaft vom Wappenstifter letztlich keinerlei Relevanz mehr zukommen. Dies ist in der Heraldik aber grundsätzlich nicht gewollt. Das Familienwappen ist vom Grundsatz an den Familiennamen und an die Nachkommenschaft gebunden. Es enthalt damit ein Namens- und ein Nachkommenschaftsprinzip. So soll ein Zusammenhalt der Familienberechtigten (Familienidentität) gewahrt bleiben.
Leider ist zu beobachten, dass bei der Diskussion häufig das unseriöse Bestreben im Mittelpunkt steht, über eine reine Namensgleichheit eine Führungsberechtigung an einem fremden Wappen herzuleiten. Es liegt die Vermutung nahe, dass sich wahrscheinlich fremde Wappen so besser an ahnungslose Interessenten "verkaufen" lassen.
Merke: Nicht jedem Familiennamen entspricht irgendwo in der Welt ein bestimmtes vorhandenes Familienwappen. Die Gleichheit des Familiennamens berechtigt nicht automatisch zur Führung des Wappens einer anderen Familie mit gleichem Namen.
Namensgleichheit bedeutet nicht Wappengleichheit.
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C. Führungsberechtigung und Weitergabe an die Nachkommen
C.1 Führungsberechtigung im Namensstamm
mit Namens- und Nachkommenschaftsprinzip
Früher sollte bei vielen Wappenrollen eine Führungsberechtigung zwangsweise nur im sog. Mannesstamm festlegt werden. Dies hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert. Bei den Eintragungen von neu angenommenen Familienwappen findet heute das Namens- und Nachkommenschaftsprinzip des Namensstamms Anwendung.
Der Heraldiker Dr. Bernhard Peter (Kleeblatt/KMdH) führt zum Mannesstamm erläuternd aus, dass diese Form der Weitergabe bedeutet, dass ein Wappen von allen Nachkommen im Mannesstamm des ersten Wappenträgers geführt werden kann und dass die jeweiligen Nachkommen beiderlei Geschlechts jeweils einer (!) Generation Anspruch auf das Wappen des jeweiligen Vaters haben, soweit und solange noch der Familienname getragen wird. Dadurch haben Töchter ebenfalls Anspruch auf das Wappen ihres Vaters, geben dieses aber an ihre Kinder (die nach der vormaligen traditionellen Auffassung allein den Familiennamen des Ehemannes erhalten) nicht weiter. Da die Söhne und deren Söhne usw. Wappen und Familiennamen gleichermaßen an ihre Nachkommen weitergeben, entsteht im Laufe der Generationen der sog. Mannesstamm. Alle Söhne jeder Generationsebene dürfen das Wappen führen und weitergeben, alle Töchter aus einer Generationsebene dürfen das Wappen führen, aber nicht weitergeben. Man spricht beim Mannesstamm auch von agnatischer Abstammung. Alle ehelichen, legitimen Söhne und Töchter einer Ausgangsperson gehören dazu.
Eine solche Festlegung der Führungsberechtigung im Mannesstamm wird seit längerer Zeit durch Juristen und Heraldiker gesellschaftlich und juristisch sehr kritisch gesehen und abgelehnt. In der neueren Literatur ab 2014 wird bereits die Auffassung vertreten, dass die erfolgten Festlegungen im Mannesstamm als nichtig anzusehen seien. Für die Einhaltung von Sinn und Zweck der gewohnheitsrechtlich geprägten wappenrechtlichen Grundsätze ist eine derartige Festlegung zudem überhaupt nicht erforderlich.
Daher tritt der Jurist und Heraldiker Dieter Müller-Bruns (Kleeblatt/KMdH) bereits seit vielen Jahren für die konsequente Anwendung des altbekannten Namens- und Nachkommenschaftsprinzips des Namensstamms ein. Danach sind alle männlichen und weiblichen Nachkommen einer bestimmten Person berechtigt, dasselbe Wappen zu führen, soweit und solange sie noch den Familienwappen der wappenstiftenden Person tragen. Der Jurist Müller-Bruns führt zum Mannesstamm sehr kritisch aus, dass nach dieser überholten Auffassung eine Wappenführung grundsätzlich allein dem Wappenstifter und seinen, den Familiennamen fortsetzenden ehelichen Nachkommen im Mannesstamm zugebilligt werde. Allein die agnatische Wappenweitergabe unter Fortführung des Namens werde abwegig akzeptiert. Nach Müller-Bruns dürfte für eine derartige heutige Vorstellung eine - längst nicht mehr bestehende - Rechtslage ursächlich sein, nach der Kinder grundsätzlich nur den Familiennamen des Ehemannes erhalten konnten. Die heutige Rechtslage gewährleistet, dass unter Beachtung von Sinn und Zweck der alten wappenrechtlichen Grundsätze ein Wappen zusammen mit dem Familiennamen auch in weiblicher Linie weitergegebenen werden kann. Solche Wappeneintragungen sind als rechtskonform anzusehen.
Es gibt zwei zwingende Voraussetzungen beim Namenstamm:
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- Nachkommenschaft von Mann und Frau vom Wappenstifter (bzw. ersten Wappenträger),
- soweit und solange sie noch aktiv den direkt weitergegebenen Familiennamen des Wappenstifters führen.
Der Kreis der Wappenberechtigten bleibt durch das zwingende Erfordernis des Bestehens einer Nachkommenschafts- und Namensgemeinschaft beschränkt. Er wird damit nicht grundsätzlich verändert. Die Familienidentität kann - immer zusammen mit dem Familiennamen - durchaus in männlicher und in weiblicher Linie weitergegeben werden. Mit seinem Namens- und Nachkommenschaftsprinzip entspricht der Namensstamm den gewohnheitsrechtlich geprägten Grundsätzen zur Führungsberechtigung an einem Familienwappen = Bindung an den Familiennamen und an die Nachkommenschaft. Der Namensstamm ist klar verständlich und systematisch gut nachvollziehbar. Er enthält keine Bedingungen hinsichtlich eines bestimmten Geschlechts und einer Ehelichkeit der namensgleichen Nachkommen. Einbezogen ist beim Namensstamm die gesetzlich geregelte rechtliche Form der Nachkommenschaft (bei Volladoption).
Der Jurist Müller-Bruns weist darauf hin, dass das Recht an einem Familienwappen auf dem Gewohnheitsrecht beruht. Als Gewohnheitsrecht lebt es durch die Handhabung der Betroffenen und Verantwortlichen. Es entzieht sich damit nicht einem bedeutenden gesellschaftlichen Wertewandel. Auch dürfen die auf dem Gewohnheitsrecht beruhenden Grundsätze bei ihrer Anwendung nicht gegen kodifiziertes Recht verstoßen. Die Fortentwicklung dieser Regelungen mit dem Ziel, ihren historisch gewachsenen Sinn zu erhalten und dem Wappenwesen als Kulturgut in der Öffentlichkeit weiterhin Geltung zu verschaffen, muss Ziel der gemeinnützigen Tätigkeit der heraldischen Vereine und ihrer Wappenausschüsse sein.
Mit der Festlegung einer Führungsberechtigung im Mannesstammes wird denjenigen Nachkommen, die ihren Familiennamen über die Mutter erworben haben, die Führung des Wappens als gemeinsames Kennzeichen der Familie ausdrücklich verwehrt. Das bedeutet: Wenn jemand einen Sohn und eine Tochter hat und beide behalten ihren Geburtsnamen, geben ihn auch an die Kinder als Familiennamen weiter, so dürfen zwar die Kinder des Sohnes, nicht aber die der Tochter das Wappen der Familie führen, obwohl alle denselben Familiennamen tragen und direkte Nachkommen sind.
Nachfragen bei Wappenberatungen und Informationsveranstaltungen für Wappenstifter sowie heraldisch Interessierte ergaben in den vergangenen Jahren, dass den Wappenstiftern dies häufig selber kaum bewusst war. Die überholte Formulierung des Mannesstamm wurde ihnen vielmehr früher häufig durch Heraldiker für die festzulegende Führungsberechtigung vorgegeben. Die Formulierungen wurden regelmäßig ohne ein weiteres Hinterfragen abgeschrieben. Eine wirkliche Beschränkung der Weitergabe der Führungsberechtigung nur auf die Familien der ehelichen Söhne wurde von den befragten Personen nur in den seltensten Fällen wirklich gewünscht. Nach einer solchen Beratung bestimmen die Wappenstifter allgemein eine Führungsberechtigung im Namensstamm. Dies gilt übrigens auch für die Wappenstifter von älteren Familienwappen.
Beim Namensstamm sind ein bestimmtes Geschlecht und eine Ehelichkeit der Nachkommen keine Voraussetzungen, siehe: reines Namens- und Nachkommenschaftsprinzip! So ist es beispielsweise der Enkelin eines Wappenstifters nicht versagt, das Wappen ihres Großvaters zu führen, nur weil sie das nichteheliche Kind seiner Tochter ist, wenn sie als sein direkter Nachkomme den Familiennamen ihres Großvaters trägt. Bei der früheren Anwendung des Mannesstammes wurde der Begriff „Familie“ auf die legitimen männlichen Familienmitglieder reduziert, indem nur die ehelichen Söhne die väterliche Wappenführung zusammen mit dem Familiennamen an die eigenen Abkömmlinge weitergeben durften. Den Nachkommen der Wappenstifter, die ihren Familiennamen hingegen über die Mutter erhalten haben, sollte die Führung des Wappens als gemeinsames Kennzeichen der Familie verwehrt werden. Beim Mannesstamm wurden sie gezielt benachteiligt. Dies ist weder rechtlich noch gesellschaftlich gerechtfertigt. In der neueren Literatur wird bereits die Auffassung vertreten, dass die erfolgten Festlegungen im Mannesstamm als nichtig anzusehen sind.
Der 1888 gegründete Heraldische Verein "Zum Kleeblatt", Trägerverein der Niedersächsischen Wappenrolle, rät bereits seit 2005 bundesweit zu einer Wappenstiftung im Namensstamm. Ein Familienwappen ist das gemeinsame und generationsübergreifende persönliche Kennzeichen einer bestimmten, durch seinen Namen und die Nachkommensgemeinschaft abgegrenzten Familie. Die Festlegung der Führungsberechtigung im Namensstamm ist nach heutigem gesellschaftlichen und rechtlichen Verständnis (Müller-Bruns) als wichtig und geboten anzusehen. Die Familienidentität kann – immer zusammen mit dem Familiennamen – in männlicher und in weiblicher Linie nachprüfbar weitergegeben werden.
Das Recht an einem Familienwappen ist ein neben dem rechtsähnlichen Namensrecht stehendes Gewohnheitsrecht. Es dient der Kennzeichnung der eigenen Familie und enthält ein Namens- und Nachkommenschaftsprinzip. Mit der Festlegung der Führungsberechtigung und Weitergabe im Namensstamm werden Sinn und Zweck der wappenrechtlichen Grundsätze eingehalten. Das geltende Statut der Niedersächsischen Wappenrolle sieht daher bei Neueintragungen allein den Namensstamm vor.
NWR-Formulierung der Führungsberechtigung im Namensstamm:
„Führungsberechtigt sind neben dem Wappenstifter seine Nachkommen, soweit und solange sie noch den direkt weitergegebenen Familiennamen des Wappenstifters, auch als Teil eines Doppelnamens, führen.“
Die Festlegung der Führungsberechtigung darf nicht zu einem Zustand der Unordnung oder Verwirrung führen. Daher ist der Namensstamm immer konsequent anzuwenden (Müller-Bruns, Dieter: Überlegungen zu Grundzügen des sogenannten Wappenrechts, in HEROLD-Studien Band 9). Es ist aus Gründen der Abgrenzung immer zu beachten, dass später nicht irgendwann eine Vielzahl von Menschen ein und dasselbe Wappen führen, ohne dass ein verwandtschaftlicher Zusammenhang erkennbar ist (Müller-Bruns: Kleeblatt 4/2005). Eine klare Regelung erschwert den Missbrauch eines Wappens.
Merke: Beim Namensstamm gilt als feste Regel:
Das Familienwappen,
der Familienname des Wappenstifters und
die Nachkommenschaft vom Wappenstifter
gehören bei einer Führung und Weitergabe des Wappens immer zusammen.
C.2. Schaubild zum Namensstamm
Namens- und Nachkommenschaftsprinzip
Allgemein übliche Führungsberechtigung:
Alle männlichen und weiblichen natürlichen und rechtlichen Nachkommen des Wappenstifters sind berechtigt, dasselbe Wappen zu führen, soweit und solange sie noch den direkt weitergegebenen Familiennamen des Wappenstifters tragen.
Das Schaubild soll den Namensstamm verdeutlichen. Jede Person mit grünem Symbol erhält das Familienwappen von einem zur Führung und Weitergabe berechtigten - also selber aktiv den Familiennamen führenden - Nachkommen des Wappenstifters. Zur Vereinfachung wird in dem Schaubild eine mögliche abgeleitete, auflösend bedingte Führungsberechtigung der Ehepartner zunächst nicht berücksichtigt (siehe hierzu unter C.4).
Die stärkere schwarze Linie zeigt im Schaubild den Übergang des Rechts an dem Wappen auf die natürlichen oder rechtlichen Nachkommen (1. Voraussetzung) bei tatsächlicher Fortführung des Familiennamens (2. Voraussetzung).
Das Recht an einem Familienwappen geht (wie der rechtsähnliche Familienname) als Folge der Nachkommenschaft bei Geburt auf die Nachkommen über. Heraldiker sprechen daher korrekt von Weitergabe bzw. Fortführung und nicht von Vererbung.
Beim Namensstamm sind ein bestimmtes Geschlecht und eine Ehelichkeit der Nachkommen grundsätzlich keine Voraussetzungen. Die Wappenführung ist bei eigenen nichtehelichen Nachkommen, die den Familiennamen des Wappenstifters führen dürfen, nicht ausgeschlossen, siehe Namensstamm mit Namens- und Nachkommenschaftsprinzip! So ist es beispielsweise der Enkelin eines Wappenstifters nicht versagt, das Wappen ihres Großvaters zu führen, nur weil sie das nichteheliche Kind seiner Tochter ist, wenn sie als Nachkomme den Familiennamen ihres Großvaters trägt.
Bei der Wahl eines neuen Familiennamens gilt beim Namensstamm zwingend:
"Familienname weg = Familienwappen weg"- Wichtige Ausnahme:
Gemäß dem historisch gewachsenen Gewohnheitsrecht und der Praxis der heraldischen Vereine und Gesellschaften wird beim Namensstamm in den Familien nach der Wahl eines neuen - vom Geburtsnamen abweichenden - Familiennamens (Ehenamens) bei den betroffenen Nachkommen eine rein persönliche Führungsberechtigung des elterlichen Wappens auf Lebenszeit akzeptiert. Somit sind Allianzwappen möglich.
Aber: Diese betroffenen Nachkommen mit neuem Familiennamen können bei konsequenter Anwendung des Namens- und Nachkommenschaftsprinzips des Namensstamms das elterliche Wappen nicht mehr an die eigenen Nachkommen weitergeben. Ebenso können diese Nachkommen mit neuem Familiennamen nun kein Wappen mehr neu für die - nun namensfremde - elterliche Familie stiften. Dafür können sie aber für sich selber und ihre namensgleichen Nachkommen ein eigenes Familienwappen unter ihrem neu gewählten Familiennamen annehmen.
Der beim Namensstamm zwingend geltende Merksatz "Familienname weg - Familienwappen weg" hat deutliche Konsequenzen: Das Wappen kann bei einer Führungsberechtigung im Namensstamm niemals - auch nicht über eine genealogische Abstammung - zur Weitergabe auf eine namensfremde Familie übertragen werden, ohne dass dies im Wappen selber durch eine deutliche Änderung sichtbar wird. In letzter Konsequenz bedeutet dies für die Betroffenen die Annahme eines neuen (zumindest deutlich abgewandelten) Familienwappens.
Bei einem Doppel- oder Mehrfachnamen bleibt die Fortführung des Familiennamens im Sinne des Namens- und Nachkommensprinzips des Namensstamms gewahrt. So ist die Führungsberechtigung gegeben, wenn der Familienname des Wappenstifters als Bestandteil eines Doppel- oder Mehrfachnamens eines Nachkommens vorliegt. -
Beachte: Sollte der Wappenstifter bei der Wappenannahme für sich selber einen Doppel- oder Mehrfachnamen als Nachnamen führen und diesen an seine Nachkommen weitergeben, so ist dieser Name der Wappenname. Derartige Doppelnamen entstehen bei staatlich genehmigten Namensergänzungen zur Beseitigung sog. Sammelnamen. Der Doppelname wird hier durch die Hinzufügung eines die Unterscheidungskraft wiederherstellenden Zusatzes gebildet.
Versuche, die verständlichen und systematisch gut nachvollziehbaren Voraussetzungen des Namensstammes zu umgehen, werden durch die Wappenrollen bei ihren Wappeneintragungen nicht geduldet. So bedeutet beispielsweise Namensgleichheit nicht Wappengleichheit. Auch kann das Wappen einer namensfremden Familie nicht einfach unter Angabe des abweichenden Namens als eigenes Wappen geführt werden. Beispiel: Familie Mustermann kann das bestehende Wappen der Familie Meyer nicht unter der Zusatzbezeichnung "Wappen Meyer" als eigenes Familienwappen führen (bzw. bei namensfremder Nachkommenschaft unverändert fortführen).
Das Wappen einer sog. ausgestorbenen Familie darf nicht unverändert übernommen werden. Eine Familie mag namensmäßig aussterben - ihr Familienwappen bleibt als Kennzeichen genau dieser Familie mit ihrem Familiennamen weiterhin bestehen. Keine Wappenrolle in Deutschland hat heute die Berechtigung, ein solches Familienwappen für eine andere Familie mit gleichem oder abweichendem Familiennamen einzutragen.
C.3 Die Ausweitung der Führungsberechtigung im Namensstamm auf einen Stammahn
Häufig will ein Wappenstifter neben seinen eigenen Nachkommen weitere enge Angehörige in den Kreis der Führungsberechtigten mit einbeziehen. Zur Erreichung dieses Ziels kann der Wappenstifter die Berechtigung auf einen namensgleichen Vorfahren (sog. Stammahn) und dessen namensgleiche Nachkommen ausdehnen.
Hinweis: Zur Vereinfachung wird auch in diesem Schaubild eine Führungsberechtigung der männlichen oder weiblichen Ehepartner nicht berücksichtigt. Siehe hierzu C.4.
Eine solche Ausweitung der Führungsberechtigung wird in den heraldischen Fachvereinen akzeptiert. Hierdurch können auch andere Familienzweige einbezogen werden. Es ist ein Angebot an bisher nicht bekannte Verwandte zur Anlehnung an die gemeinsame Familienidentität. Es gelten die oben dargestellten allgemeinen Regeln des Namensstammes: Nachkommenschaft vom Stammahnen und Führung des Wappennamens als Nachnamen, auch als Teil eines Mehrfach bzw. Doppelnamens.
Eine Ausweitung der Führungsberechtigung durch den Wappenstifter auf einen Vorfahren bedingt immer, dass er nachweislich selber ein namensgleicher Nachkomme dieses Stammahns ist. Bei dem Ehegatten des Wappenstifters wird dies hingegen regelmäßig nicht der Fall sein. Daher dürfte eine derartige Ausweitung nicht möglich sein, wenn namensgleiche Ehegatten gemeinsam als Stifter eines neuen Familienwappens auftreten. Dieses sollte bei den Wappenstifterberatungen berücksichtigt werden.
C.4 Die Führungsberechtigung der Ehepartner (Namensstamm)
Beim Namensstamm sind neben dem Wappenstifter alle männlichen und weiblichen, natürlichen und rechtlichen Nachkommen des Wappenstifters berechtigt, dasselbe Wappen zu führen, soweit und solange sie noch den Familiennamen des Wappenstifters tragen. Die Ehepartner der Wappenstifter und der Führungsberechtigten gelten beim Namensstamm bei Namensgleichheit „automatisch“ als führungsberechtigt. Dies wird in den Wappenrollen jedoch nicht explizit genannt.
Für diese lediglich abgeleitete, nicht originäre "automatische" Führungsberechtigung der Ehegatten wird beim Namensstamm allgemein neben einer bestehenden ehelichen Verbindung die Annahme des Familiennamens des Wappenstifters, auch als Teil eines Doppel- bzw. Mehrfachnamens, vorausgesetzt. Es handelt sich nach verbreiteter Ansicht dabei um eine vom führungsberechtigten Ehegatten abgeleitete auflösend bedingte, also ehebedingte Berechtigung. Endet die Ehe durch dessen Tod, so bleibt der verwitwete Ehepartner gemäß den gewohnheitsrechtlich geprägten wappenrechtlichen Grundsätzen jedoch weiter führungsberechtigt bis zu einer Wiederverheiratung.
Nur als Hinweis: Von einigen wenigen Heraldikern wird die Auffassung vertreten, dass ggf. auch ein nicht-wappennamenstragender Ehepartner eine abgeleitete, ehebedingte Führungsberechtigung erhalten sollte, sofern er im Sinne und als Teil der "Familie" des Namensträgers auftrete oder agiere. Letzteres soll der Duldung der jeweils wappenführenden Familie überlassen bleiben.
Die jeweils "automatisch" führungsberechtigten namensgleichen männlichen und weiblichen Ehegatten sind in dem Schaubild mit einem gelben Symbol gekennzeichnet.
Beim Namensstamm ist die eigene Nachkommenschaft vom Wappenstifter immer eine der beiden zwingenden Voraussetzungen für eine Weitergabe an die eigenen namensgleichen Nachkommen. Dies ist beim Ehepartner regelmäßig nicht gegeben. Für den Ehegatten ist damit die "Erheiratung" eines Wappens mit dem Familiennamen und dessen Übertragung auf die eigenen Nachkommen ohne einen genealogischen Zusammenhang mit dem Wappenstifter nicht möglich. Beim Namensstamm geben nur der Wappenstifter selber und seine namensgleichen Nachkommen das Wappen ihrer Familie an ihre eigenen Nachkommen weiter, nicht die geheirateten Lebenspartner.
Aber Achtung: Wenn namensgleiche Ehegatten gemeinsam als Stifter eines Familienwappens auftreten, kann ein abweichender Sonderfall mit deutlichen Konsequenzen für die Führungsberechtigung vorliegen. Hier könnte beiden Stiftern auch nach einer Scheidung und Beibehaltung des Nachnamens das Recht zur Führung und Weitergabe des Wappens zustehen. Die jeweiligen Kinder mit neuen Lebenspartnern wären bei Namensgleichheit zumindest Nachkommen eines Wappenstifters. Die beiden zwingenden Voraussetzungen des Namens- und Nachkommenschaftsprinzips wären erfüllt. Es gibt beim Namensstamm keine Regel, wonach die späteren Führungsberechtigten immer zugleich Nachkommen aller Wappenstifter sein müssen. So können Familienwappen durchaus auch von Geschwistern etc. gemeinsam gestiftet werden. Dies sollte bei den Wappenstifterberatungen berücksichtigt werden.
C.5 Der Familienname - Definition
Der "Familienname" ist bei Fragen der Führungsberechtigung eines Wappens der tatsächlich geführte Nachname, der bei der jeweils konkret zu betrachtenden Person nach der geltenden Rechtsordnung auf die Nachkommen übergehen würde. Dieser Familienname eines Menschen kann sich im Laufe des Lebens einmal oder mehrmals ändern, u. a. durch Heirat, Scheidung, Adoption. Der ursprüngliche, durch Abstammung erhaltene Familienname heißt "Geburtsname".
Dem Nachnamen gelegentlich angehängte Angaben zum Personen- bzw. Familienstand einer Person sind keine Bestandteile dieses Familiennamens. Beispiel: "Mustermann, geborene Müller, geschiedene Meyer, verwitwete Schmidt". Sie werden im Personenstandsfall, gewissen amtlich relevanten Vorgängen bei der bürgerlichen Beurkundung, benötigt. Die einzelnen Angaben sind die Personenstandsdaten einer Person, nicht deren Familienname, der auf die Nachkommen übergeht.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt:
Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) bestimmen. Ehegatten führen den von ihnen bestimmten Ehenamen. Bestimmen die Ehegatten keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der Eheschließung. Zum Ehenamen können die Ehegatten durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen der Frau oder des Mannes bestimmen. Die Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens soll bei der Eheschließung erfolgen (vgl. § 1355 Abs. 1 - 3 BGB).
Haben beide Partner sich zur Eheschließung für denselben Nachnamen entschieden, so ist dieser Ehename automatisch der Familienname. Auch die Kinder werden so mit Nachnamen heißen. Sie erhalten den Ehenamen ihrer Eltern als Geburtsnamen (§ 1616 BGB). Führen die Eltern keinen Ehenamen und steht ihnen die Sorge gemeinsam zu, so bestimmen sie durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den Namen, den der Vater oder die Mutter zur Zeit der Erklärung führt, zum Geburtsnamen des Kindes (§ 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Der geschiedene oder verwitwete Ehegatte behält grundsätzlich seinen in der Ehe gewählten Nachnamen. Er kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt jedoch seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den er bis zur Bestimmung des Nachnamens bei Heirat geführt hat, oder diesen bei Heirat gewählten Nachnamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Bestimmung des Nachnamens geführten Namen voranstellen oder anfügen (§ 1355 Abs. 5 BGB).
Die Entwicklungen im Namensrecht mögen den Umgang mit der Führungsberechtigung bei Familienwappen zwar nicht einfacher gemacht haben. Bei einer konsequenten Anwendung des Namens- und Nachkommenschaftsprinzips ist das Namensrecht aber gleichwohl zu berücksichtigen.
D. Voraussetzungen für einen wirksamen Rechtsschutz
Gesetzlich geschützt vor Missbrauch sind Wappen analog dem Namensschutz gemäß § 12 BGB (siehe oben).
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- Voraussetzung ist das Bestehen eines eigenen Familienwappens.
- Bei neuen Familienwappen bedarf es der Annahme (Stiftung) des von einem Heraldiker oder selbst entworfenen Familienwappens. Es bedarf keiner behördlichen oder gerichtlichen Mitwirkung.
- Die Stiftung eines Familienwappens für sich und die eigenen Nachkommen ist eine einseitige Rechtshandlung, die einer hinreichenden Publizität bedarf, um wirksam zu werden und einen Prioritätsanspruch rechtlich durchsetzen zu können (vgl. Handbuch der Heraldik - Wappenfibel, 1998, 1998; vgl. Müller-Bruns: Wappenrecht - Schutz des Wappens, 2005).
- Der Wille zur Wappenführung muss klar zum Ausdruck kommen.
Zur Erreichung einer solchen Publizität bedarf es nicht unbedingt der Eintragung in einer Wappenrolle. Es ist jedoch grundsätzlich anzuraten, bei einer Stiftung das Familienwappen in einer anerkannten Wappenrolle registrieren zu lassen und somit eine Veröffentlichung des Wappens zu gewährleisten. Durch die Registrierung des Familienwappens und die folgende Publikation wird der Öffentlichkeit unter Beachtung des Ausschließlichkeitsgrundsatzes der Anspruch auf das Wappen gezeigt. Dies gilt auch für ältere Wappen.
Die Registrierung in einer Wappenrolle ohne Angabe des Wappenannehmenden und des konkreten Annahmezeitpunktes dokumentiert grundsätzlich nur, dass der das Wappen einreichende Antragsteller selber - aber nur sofern er auch ausdrücklich als führungsberechtigt genannt ist - zum Zeitpunkt der Eintragung in die Wappenrolle ein bestimmtes Wappen geführt hat.
Gegenstand des Rechts am Wappen kann nur ein solches heraldisches Zeichen sein, das den herkömmlichen heraldischen Regeln entspricht und das auch tatsächlich wappenmäßig geführt wird. So darf ein Wappen kein reines Phantasieerzeugnis sein. Es darf nicht nur eine künstlerische Darstellung in Form eines Gemäldes - also ohne jegliche Kennzeichenfunktion - darstellen.
In den Wappenrollen werden heute auf Antrag regelmäßig auch die zuvor an anderer Stelle registrierten Familienwappen aufgenommen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Wappenstifter bzw. der führungsberechtigte namensgleiche Nachkomme als Antragsteller sein Wappen einer erneuten Überprüfung der Wappenrolle unterwirft. Zudem muss und ein Nutzungsrecht an der eingereichten Zeichnung des Wappens nachweist. Eine Anspruch auf eine Eintragung besteht nicht.
In den von der deutschen Heraldik beeinflussten Ländern gab es nie ein zentrales Hauptwappenregister, zumindest soweit es bürgerliche Wappen betrifft. Wappensammlungen geben daher immer nur einen Teil der früher oder heute existierenden Wappen wieder.
E. Über Wappenrollen und Wappenausschüsse
Das Führen einer Wappenrolle ist in Deutschland keine offizielle staatliche Tätigkeit. Von Fachkreisen anerkannte Wappenrollen werden meist als gedruckte Ausgaben von gemeinnützigen und als wissenschaftlich förderungswürdig anerkannten heraldischen Vereinen auf privatrechtlicher Basis geführt.
Gleichwohl ist der Sinn und Zweck der Wappenrollen die Dokumentation der geführten Familienwappen. Durch die Eintragung und Veröffentlichung kommt der Wille zur Wappenführung besonders klar zum Ausdruck. Die Bedeutung einer Wappenrolle liegt neben ihrem künstlerischen und kulturgeschichtlichen Wert also auch auf rechtlichem Gebiet.
Zwar setzt der rechtliche Schutz eines Wappens seine Registrierung nicht voraus. Der Nachweis der Wappenführung, den der Berechtigte nach § 12 BGB (analog) gegebenenfalls zu erbringen hat, wird jedoch durch die datenmäßig festgelegte Eintragung in einer Wappenrolle erheblich erleichtert. Die ehrenamtliche Pflege der Familienheraldik wird insbesondere durch die alten heraldischen Vereine wie HEROLD oder „Zum Kleeblatt“ wahrgenommen. In die Wappenrollen werden ältere und neuere Familienwappen eingetragen. Die Wappenprüfung obliegt einem Wappenausschuss.
Die Prüfung und Registrierung erfolgt nach gewohnheitsrechtlichen und wissenschaftlichen Grundsätzen, ohne staatliche Gesetzgebung, mit selbst gestalteten Regelungen. Dabei gelten strenge Satzungen. Es können nur Wappen registriert werden, die den Vorgaben und Bestimmungen entsprechen. Ein Anspruch auf Eintragung eines Wappens besteht nicht.
Für die Stiftung eines Wappens ist die Beiziehung eines heraldisch erfahrenen Grafikers bzw. eines Heraldikers anzuraten, was Auseinandersetzungen und unnötige Kosten vermeidet. Selbst für den erfahrenen Heraldiker ist es dennoch häufig eine Gratwanderung, die Regeln der Heraldik mit den Wünschen ihrer Kunden zu vereinbaren. Deshalb werden häufig auch Aufträge abgelehnt.
Durch den beratenden Heraldiker sollte darauf geachtet werden, dass sich die potentiellen Wappenstifter selbst eingehend mit den Regeln des Wappenwesens beschäftigen.
F. Ausschließlichkeitsgrundsatz - Wappenschwindel
Siehe die Sonderseite: Ausschließlichkeit
Siehe die Sonderseite: Wappenschwindel
G. Besondere Fachbegriffe der Heraldik
Wappenannahme
Zur Wappenannahme bedarf es durch den zukünftig Wappenführenden der Entscheidung über die Annahme eines noch nicht anderweitig existierenden Wappens (z. B. in einem Siegel oder auf Briefköpfen).
Die freie Annahme und Führung eines Wappens hat es zu allen Zeiten gegeben. Durch die freie Wappenannahme dürfen jedoch die Rechte Dritter nicht verletzt werden. Der Grundsatz der Ausschließlichkeit bestimmt, dass sich das neu angenommene Familienwappen deutlich von vorhandenen Wappen unterscheiden muss.
Wappenstiftung
Bei einer Wappenstiftung wird außer dem Wappenstifter noch ein weiterer Personenkreis aus dem Familienkreis des Stifters zur Wappenführung berechtigt. Klassischer Fall: Es nimmt jemand für sich und die eigenen Nachkommen ein Familienwappen an. Bei der (Familien-) Wappenstiftung wird der Wappenannehmende also auch für weitere Personen im Familienkreis tätig. Die festgelegte Personengruppe wird durch die Wappenstiftung mit begünstigt. Eine Vergabe der Führungsberechtigung über den Familienkreis hinaus ist dem Stifter eines Familienwappens eigentlich kaum möglich. Ansonsten ist es kein Familienwappen im eigentlichen Sinne mehr. Eine Ausdehnung auf Träger eines anderen Familiennamens oder überhaupt auf völlig fremde Familien würde die Eigenschaft des Familienwappens als Kennzeichen einer bestimmten, durch ihren Familiennamen und die Nachkommenschaft abgegrenzten Familie in Frage stellen (vgl. Müller-Bruns, Herold-Studien Bd. 9). Ein Familienwappen ist das gemeinsame generationsübergreifende Symbol einer bestimmten und auch namensmäßig festgelegten Familie.
Selten mögliche Ausnahmen von der Regel müssen immer begründet und auch kenntlich gemacht werden. Sie sind allenfalls für Einzelpersonen mit einem erweiterten familiären Hintergrund auf Lebenszeit möglich. Das Familienwappen kann nicht auf die Nachkommen solcher Personen übertragen werden.
Wappenverleihung und Wappenbestätigung
Bei einer Wappenverleihung wird im Gegensatz zur Stiftung eines eigenen Familienwappens nicht der zukünftig Wappenführende tätig, sondern eine "höhere Instanz" gemäß der jeweiligen politischen Struktur des Landes (Souverän/Obrigkeit).
Oft wurde bei einer frei erfolgten Wappenannahme Wert auf eine zusätzliche Anerkennung durch die Obrigkeit bzw. durch eine hierfür geschaffene Institutionen gelegt, die das Familienwappen bestätigte (sog. Wappenbestätigung). Dies geschah vielfach zusammen mit einer Standesbestätigung oder Standeserhöhung durch den jeweiligen Souverän.
In Deutschland gibt es seit Ende der Monarchie keine Verleihungen oder Bestätigungen von Familienwappen mehr. Seit 1918 wird in Deutschland kein Familienwappen mehr durch eine "Obrigkeit" bzw. "höhere Instanz" verliehen oder bestätigt. Es gilt allein die freie Stiftung eines eigenen Familienwappens.
Wappenschenkung/Fremdstiftung
Bei einer Wappenschenkung (Fremdstiftung) wird faktisch versucht, ein neues Familienwappen einer anderen - gleichgestellten - Person und Familie aufzuoktroyieren, ohne dass der Wappenschenker selber führungsberechtigt sein will. Dies erfolgt häufig aus einer eigenwilligen Laune heraus zu besonderen Anlässen (Geburtstagen, Hochzeiten, Jubiläen etc.) und stellt ein wappenrechtliches Nullum und keine Stiftung eines eigenen Familienwappens dar.
In einer solchen Wappenschenkung kann allenfalls eine Einladung an andere Personen gesehen werden, selber ein eigenes Familienwappen zu stiften.
Dies hat Bedeutung für die Arbeit der Wappenrollen. Ihr Sinn und Zweck ist die Dokumentation der geführten Familienwappen. Die Eigenstiftung und Führung durch eine bestimmte Familien sind zu dokumentieren, nicht die nach den wappenrechtlichen Grundsätzen als Nullum anzusehende Fremdstiftung.
Durch die Eintragung in einer Wappenrolle muss notwendigerweise der Wille zur eigenen Wappenführung klar zum Ausdruck kommen. Die Stiftung eines eigenen Familienwappens ist eine einseitige Rechtshandlung, die einer hinreichenden Publizität bedarf, um wirksam zu werden und einen etwaigen Prioritätsanspruch rechtlich durchsetzen zu können. Durch den Wappenstifter ist unbedingt eine klare, in Art und Weise selbstbestimmte Kundgabe des eigenen Willens zur Führung des Familienwappens erforderlich.
In der Praxis werden durch die Wappenrollen nur Anträge für Familienwappen angenommen, die direkt von dem Wappenstifter selber oder einem führungsberechtigten Nachkommen eingereicht werden.
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